„Astronomie beGreifen“
I. Leitfragen
6. Brückenschlag zwischen verschiedenen Fächern
7. Zusammenarbeit mit Kollegen
II. Darstellung des Unterrichts
Abfolge, Durchführung und Entwicklung des Unterrichts
Anhang: (Nicht Teil dieses pdf-Dokuments)
A Artikel aus der Ansbacher Fränkischen Landeszeitung und der Pegnitzzeitung
B Bericht und Selbstbewertung durch die Schüler
D Dialogkärtchen Aristoteles contra Galilei, Freiarbeit
und Bilder vom Theaterstück für die 7. oder 10. Jahrgangsstufe
E Erste Exponatliste: Ideensammlung, Aufwand und Erwartungshorizont
-> F Fotos vom Bauen und von der Ausstellung
G Geschichte der Astronomie, Geheft zur Einführung
-> H Homepage zur Wanderausstellung
K Klassenraumplan für den Gesamtaufbau
L Lehrplanauszug für die beteiligten Fächer
M Einladung zu einer der Lehrerfortbildungen
N mündliche Noten
O Einladung zum Öffentlichkeitsabend
P P-Seminar 2011: Informationsblatt
Q Quellenkritik – ein Beispiel für die kritische Rezeption
R Religion: Grundwissen
-> S Sonnensystemweg, aufbauend auf Vorarbeiten aus einem Wahlkurs
T Textkonzept der vier Ebenen
U Übersichtstexte zur Einführung in die vier Teilgebiete der Ausstellung
-> X Exponateübersicht
Z Zeitplan des Projekts
Zusammenfassung: Schülerinnen und Schüler erstellen in Kleingruppen im Rahmen des regulären Unterrichts eine Wanderausstellung aus 18 Exponaten zur Geschichte der Astronomie, die Schüler aus anderen Klassen nützen. Das Projekt besteht aus einer engen Verzahnung von fachwissenschaftlicher und handwerklicher Tätigkeit. Ziele sind – neben dem lehrplankonformen Erarbeiten von Wissen – methodische und soziale Kompetenzen zu entwickeln sowie das Interesse an Ingenieurtätigkeiten zu wecken.
Mehr zum Projekt unter www.wanderausstellung.eu .
1.
Eigentätigkeit: Nachdem im Klassenteam, hier noch teilweise vom Lehrer gesteuert, die Themen aufgeteilt wurden, waren dann die Kleingruppen allein gefordert, ihr Exponat anzufertigen. Ihre Recherche zu den physikalisch-astronomischen Hintergründen ging schnell über das bereitgestellte Material (vgl. Anhang G) hinaus. Die Teams setzten ihre Ideen zur handwerklichen Umsetzung nach der Diskussion im Plenum selbstständig um. Ihre Eigentätigkeit umfasste sämtliche Schritte von der Planung bis zur handwerklichen Ausführung. Ich als Lehrkraft beschränkte mich auf die Rolle als Diskussionspartner, auf Anregungen zum Besorgen des Materials und zur Zeitorganisation.
Auch unter einem ganz anderen Blickwinkel kommt die Eigentätigkeit zum Tragen: Sämtliche Ausstellungsstücke sind „hands-on-Exponate“, bei denen der Nutzer ausprobieren, verschieben, visieren, drehen, kurbeln, experimentieren usw. muss.
Im Geschichtsunterricht wurde eine Sequenz jahrgangsübergreifendes Lernen durch Lehren (LdL)[1] möglich, in der die Zehntklässer nun Siebtklässern den philosophisch-wissenschaftlichen Umbruch im 16. Jahrhundert nahe bringen (ähnlich Anhang D).
Eigenverantwortung: Da sich die Klasse mit der Wanderausstellung fünfmal in Nordbayern in der Öffentlichkeit präsentiert (hat), war es im eigenen Interesse der jeweiligen Kleingruppen, ein ordentliches Werk zu erstellen und mit einer guten Arbeit aufzutreten (Anhänge A, M und O).
Anders als im gewöhnlichen Unterricht, in dem es beispielsweise beim Hausaufgaben anfertigen oft genügt, rudimentäre Lösungen vorzuweisen, ist hier ganz zwanglos und offensichtlich niemand anderes für ihre Arbeit verantwortlich als die Schülergruppe selbst.
Die Motivation der Schüler war ausgesprochen hoch. Sie wurde zum einen durch das Thema Astronomie gespeist, das allgemein relativ leicht Interesse weckt und Schülerfragen auslöst. Vor allem aber ergab sie sich aus der für das Gymnasium ungewöhnlichen Verzahnung von theoretischer und handwerklicher Arbeit. Wie es weder ich noch die Schüler vorher jemals erlebt hatten, war jede und jeder einzelne vom Gesamtprojekt begeistert; die Motivation trug durch das gesamte weitere Schuljahr hindurch (das ist in dem für viele „letzten Jahr Physik“ ungewöhnlich!).
Nicht zu unterschätzen ist zudem die Motivation, die vom hands-on-Konzept der Exponate ausgeht. Auch die Schülerinnen und Schüler freuten sich darauf, ein deutlich interessanteres Werk als eine bloße „Ausstellung zum Anschauen“ fertigzustellen.
Offensichtlich erstrecken sich Eigentätigkeit und Motivation nicht nur auf diejenige Klasse, die die Wanderausstellung gebaut hat, sondern auf alle, die mit ihr unterrichtet werden. Aufgrund des engen Lehrplanbezugs sind das augenscheinlich die Parallelklassen aus der 10. Jahrgangsstufe. Auch für andere Jahrgangsstufen gibt es eine Reihe von Anknüpfungspunkten, wie im Absatz 5 „Lehrplanbezug, Geschichte und Religion“ ausgeführt ist. Ebensogut diente die Wanderausstellung einfach zur Förderung der Allgemeinbildung, etwa in fachfremden Vertretungsstunden. Sie konnte das Interesse der Schülerinnen und Schüler für naturwissenschaftliches Werken gewinnen, das ich an unserer Schule im jährlichen Wechsel mit jugend forscht als Wahlkurs anbiete (siehe Absatz 9).
2.
Teamfähigkeit: Die Anforderungen beim Erstellen der Exponate (Anhang E) sind umfangreich und vielgestaltig. Dadurch ergibt es sich zwanglos von selbst, dass mehrere Schülerinnen und Schüler zusammenarbeiten und ihre verschiedenen Fähigkeiten gemeinsam einbringen mussten.
Verantwortung: Der Erfolg der Arbeit und damit die Darbietung der Gruppe in der Öffentlichkeit wurde allein davon bestimmt, wie sie ihre Kompetenzen umsetzt. So zeigte sich jedes Mitglied mit ihr solidarisch. Zudem war deutlich zu spüren, wie sehr es das Ziel aller war, das Gesamtprojekt zum Erfolg zu führen. Dies kontrastiert stark mit dem gewöhnlichen Unterricht!
Beide Punkte waren in der realen Umsetzung des Projekts hervorragend beobachtbar.
3.
Der Bezug zum Alltag erschien den Schülern in hohem Maße durch die praktische Tätigkeit, die sie als näher an ihrer Lebenswirklichkeit empfanden als manch anderen Schulunterricht.
Die Zusammenarbeit mit dem Museum „Turm der Sinne“ (www.turmdersinne.de) gab den Schülerinnen uns Schülern nicht nur Einblicke in die (Berufs-)welt professioneller Ausstellungsmacher, sondern brachte sie auch in Kontakt mit Arbeitsabläufen aus dem „richtigen Leben“. Vom Turm der Sinne kamen der Impuls zum hands-on-Konzept im Stil eines Science-Centers und das Konzept der vier Textebenen, außerdem die Basiseinheiten und Stellwände für unsere Exponate.
Praxisrelevanz für die Berufs- und Arbeitswelt: Eines meiner erklärten Ziele als Lehrer war, die Schülerinnen und Schüler an Ingenieurtätigkeiten wie technische Problemlösung und praktische Arbeitsweisen heranzuführen. Dass dieses gelungen ist, zeigt das große Interesse an der Fortsetzung dieses Projekts als P-Seminar (Projekt-Seminar zur Studien- und Berufsorientierung) im folgenden Jahr. Laut Lehrplan ist es dessen Aufgabe, die Schüler bei ihrer Studien- und Berufswahl zu unterstützen. Darüber hinaus arbeiten die Schüler etwa ein Jahr lang in einem Projekt mit, das im Kontakt mit außerschulischen Projekt-Partnern verwirklicht wird. Wesentliche Komponenten dieses P-Seminars haben wir bereits beim diesjährigen Projekt verwirklicht.
4.
- Da das Projekt Teil des regulären Physikunterrichts war, war die im Bewusstsein der Schüler relevante Leistungsmessung die Schulaufgabe, in der auf herkömmliche Art Fragen zum theoretischen Hintergrund der Schulastronomie gestellt waren (siehe Teil II, Punkt e).
- Darauf vorbereitet wurde die Klasse durch Vorträge der einzelnen Teams an ihren fertigen Exponaten. Diese Vorträge wurden mit mündlichen Noten bewertet (Anhang N)..
- Eine weitere Note ergab die Umsetzung und die Durchdringung des bearbeiteten Sachverhalts im Verlauf des Projekts Nachvollzogen zum einen durch unsere kritische Begleitung der Arbeiten, zum anderen durch die Dokumentation der Schülerinnen und Schüler selbst (Anhang S).
- Zuletzt konnten als freiwillige Leistung Führungen und Vorträge an den in der örtlichen Zeitung angekündigten Öffentlichkeitsabenden eingebracht werden (Anhänge A und O).
Das Projekt war so angelegt, dass der Lernumfang im kognitiven Bereich dem normalen Unterricht mindestens ebenbürtig ist. Sämtliche Leistungen waren für die einzelnen Schüler überdurchschnittlich gut, wenngleich sich natürlich auch hier die unterschiedlichen Kompetenzstufen der Einzelnen niederschlugen. Allerdings konnten die sehr verschiedenen Anforderungen innerhalb der Arbeit das ausgleichen, was sich sonst im Unterricht mitunter als einseitiges Defizit zeigt.
Vor allem wurde der Stoff aus verschiedenen Gründen besser verankert, also nachhaltiger gelernt: In erster Linie durch die erhöhte Motivation, durch die Eigenaktivität, das Engagement und durch die mehrmonatige Dauer des Projekts, das eine Stunde pro Woche parallel zum Physikunterricht durchgeführt wurde. (Letzteres zumindest formal, da der freiwillige Zeiteinsatz der Schüler unvergleichlich höher war). Ein Post-Test am Ende des Schuljahres steht noch an.
Für das Fach Geschichte ergeben sich Synergieeffekte, die im besseren Abschneiden in kompetenzorientierten Aufgabenstellungen, besonders der Quellenarbeit liegen. Da es keine direkten inhaltlichen Querbezüge zu den Lernzielen der 10. Jahrgangsstufe gibt, wird aber nicht direkt im Rahmen von Leistungsmessungen auf die im Projekt erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse eingegangen. Positive Auswirkungen auf die analytischen und synthetisierenden Denkfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler und damit auf ihre Fähigkeit, Aufgabentypen der Lernzielebene drei zu bearbeiten, sind aber zu erwarten.
5.
Die Wanderausstellung wurde und wird von verschiedenen Jahrgangsstufen unserer bzw. der entleihenden Schulen genützt, weil sich vielerlei Gewinn nicht nur im Hinblick auf kognitive Lernziele aus ihr ziehen lässt. Im Folgenden ist aber vor allem der Lehrplanbezug für diejenige Klasse beschrieben, die die Exponate selbst erstellt hat (Auszüge aus dem Lehrplan im Anhang L).
Dieses Projekt fördert auch aufgrund des situierten Lernens und der hohen Motivation und Selbsttätigkeit der Gruppen überfachliche Kompetenzen in deutlich stärkerem Maß als der sonstige Unterricht. So erlernen die Schüler wissenschaftliche Arbeitsmethoden (Experimentieren, Problemlösen, Recherche, Analyse und Aufbereitung von Informationen, praktische Umsetzung des erworbenen Wissens, Präsentieren) und üben diese fast wie nebenher intensiv und selbständig ein. Dies wird noch gefördert durch die systematische Zusammenarbeit der beteiligten Fächer.
Zudem stärkt das Projekt die Selbstkompetenz (Leistungsbereitschaft, Verantwortungsbereitschaft, Zeiteinteilung) und die Sozialkompetenz (Kommunikations- und Teamfähigkeit, Gemeinschaftssinn und Hilfsbereitschaft) bis hin zur Wertorientierung bei der Auseinandersetzung mit einander widersprechenden Sichtweisen auf die Welt.
Lehrplanbezug Physik
Der bayerische Lehrplan „Ph 10.1 Astronomische Weltbilder“ und weitere Inhalte der 10. Jahrgangsstufe, wie Teile der Newtonschen Mechanik, des Gravitationsgesetztes und der Kreisbewegungen werden eins zu eins umgesetzt. Hervorzuheben ist, dass hierbei anwendungsnahe Kombinationen verschiedener Themengebiete leichter möglich sind.
Die nötige Unterrichtszeit für das Projekt speist sich im naturwissenschaftlich-technologischen Zweig unter anderem aus den Bereichen „Astronomische Weltbilder“, „Probleme aus der Dynamik“ und „Unterrichtsprojekt“ sowie einer rationelleren Vermittlung des Themas „Physik am Computer“.
Lehrplanbezug Latein
Der Abschnitt „L 10.1.3 Denken – ein Schlüssel zur Welt“ legt eine enge Zusammenarbeit mit der Physik nahe. Auch hier wird gefordert, sich mit der Philosophie und ihren verschiedenen Sichtweisen auf die Welt auseinander zu setzen. So ist die Naturphilosophie in der Antike verwurzelt, sie hat sich unter anderem in der kopernikanischen Wende zu unserer modernen Naturwissenschaft weiterentwickelt. Diskutiert und transportiert wurden diese Gedanken über mehr als ein Jahrtausend in lateinischer Sprache: Kopernikus wird im Lehrplan explizit als Beispiel für einen geeigneten Lektüretext genannt.
Die Lehrplananregung, die Fortentwicklung antiker Gedanken in einem Ausstellungsbesuch lebendig werden zu lassen, wird geradezu gekrönt durch den eigenen Bau einer solchen Ausstellung.
Lehrplanbezug Geschichte und Religion
Kennzeichen des theoretischen Teils dieses Projekts ist die enge Einbettung der Physik in ihren kulturgeschichtlichen Hintergrund, etwa wie sich aus einem Teil der naturphilosophischen Überlegungen der griechischen Antike die Leitüberzeugungen zur Welterklärung des christlichen Mittelalters entwickelten. Diese erfuhren den Umbruch zur Neuzeit im Licht neuer Erkenntnisse nur stufenweise und über vielfältige, ernste geistesgeschichtliche Widerstände (Anhänge G und Q).
Diese Thematik wird im Geschichts- und Religionsunterricht schwerpunktmäßig in der 7. und 8. Jahrgangsstufe behandelt, wo die Abstraktionsfähigkeit der jungen Schülerinnen und Schüler eine tiefergehende Auseinandersetzung noch nicht überall zulässt.
So bietet das Projekt einen hervorragenden Anlass, die häufig geforderten Festigung des Grundwissens (Anhang R) nun altersgemäß zu vertiefen. Eine Möglichkeit der Einbindung der Fächer Religionslehre und Geschichte besteht in der projektbezogenen Verwendung eines gewissen Stundendeputats, das ohnehin für das Wiederholen von Grundwissen eingeplant worden ist, oder in der Allokation von zusätzlichen Vertretungsstunden.
Lehrplanbezug Kunst
Auch im Kunstunterricht der 10. Jahrgangsstufe sind Weltbilder und Formen der ästhetischen Präsentation ein Thema.
Vor allem aber spielt einer der beiden Hauptbereiche des Kunstunterrichts, das Gestalten und die handwerkliche Arbeit, bei diesem Projekt eine Schlüsselrolle. Somit sind viele Bezüge zu den Kernkompetenzen des Kunstunterrichts allgegenwärtig, die quer durch alle Jahrgangsstufen von zentraler Wichtigkeit sind. Sie können hier ganz selbstverständlich in großem Zusammenhang angewendet und gefestigt werden:
Es sind dies Präsentation, Layout und Visualisierung, Umgang mit dem Material, seinen Eigenschaften, seiner Sprache und Funktionalität, haptische Fähigkeiten und Fertigkeiten wie bildnerisches Arbeiten und Modellbau in der ganzen Breite von Holz-, Textil- und Metallbearbeitung. Emotional inspirierende Faktoren sind Faszination durch den Weltraum und die Auseinandersetzung mit der Objektkunst. Die Schülerinnen und Schüler lernen, sich im Feld gegenseitiger Bedingtheit von virtueller Utopie und wissenschaftlicher Systematik zu bewegen.
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Bezug Mathematik
Implizit ist die Mathematik natürlich bei exakten physikalischen Fragestellungen gegenwärtig, hier vor allem Algebra (v.a. Exponentialdarstellung, Winkelfunktionen, Proportionalität) und Geometrie (Strahlensatz, Ähnlichkeit, Trigonometrie, Anfänge der Kugelgeometrie) aller Jahrgangsstufen.
Explizit durchdringt sie die Physik seit Beginn der Neuzeit: Galilei notierte „Das Buch der Natur ist in mathematischer Sprache geschrieben. Ohne Geometrie zu beherrschen, versteht man kein einziges Wort“. Newton ist unter anderem wegen seiner exakten Mathematisierung der Bewegungsgesetze und des Gravitationsgesetzes einer der größten Wissenschaftler aller Zeiten.
Bezug zu Deutsch/Theater
Zur fachlichen Auseinandersetzung mit den wissenschaftlichen Fragen im begleitenden Unterricht entwarfen die Schülerinnen und Schüler aus vorgegebenen Anregungen (Anhang D) ein kurzes Theaterstück. Dort diskutierte Aristoteles (in Toga) mit Galilei (in Kutte) über den natürlichen Ort der Körper, ihre Trägheit und die Gesetze des Himmels. Die Darstellungsart wurde in Anlehnung an Galileis „Dialogo“ gewählt. Hier könnte ein Bezug zum Deutschunterricht hergestellt werden, was aber aufgrund des geringen Umfangs dieses Beitrags diesmal nicht unternommen wurde.
6.
Der Brückenschlag zwischen Denkweisen und Stoffgebieten der verschiedenen Fächer stärkt bei den Schülerinnen und Schülern das Bewusstsein, dass es im Gymnasium nicht um die Vermittlung jeweils isolierten Fachwissens geht, sondern um ganzheitliche, von den verschiedenen Fächern unter gleichen Zielen getragene Bildungsarbeit.
Die Ressourcen der Fachschaft Kunst bieten eine Fülle an unabdingbarer Unterstützung, von verschiedensten Arbeitsmaterialien und Geräten bis zum Werkraum für die ganze Klasse und nicht zuletzt die Kompetenz der beteiligten Lehrkräfte, die Schüler bei ihrer schöpferischen Arbeit damit aktiv anzuleiten. Umgekehrt lassen sich die physikalischen Themen im Kunstunterricht produktiv in erweiterte Sinnzusammenhänge stellen.
Die typische Vorgehensweise im Lateinunterricht ist das Dechiffrieren von Texten. Dabei geht es zunächst darum, kleinste sprachliche Merkmale gleichsam mikroskopisch zu betrachten. In analoger Weise ist der Blick aufs Detail auch beim Vergleich der widerstreitenden Weltbilder nötig.
Des weiteren wird durch den Übersetzungsvorgang das Aufstellen und Verwerfen von Hypothesen geübt. Beispielsweise weiß der Schüler, dass das Wort „latus“ Seite bzw. Flanke bedeutet; er muss nun experimentell überprüfen, ob diese Bedeutung passend ist, wenn nicht, muss er sie durch eine andere ersetzen. Natürlich werden im Lateinunterricht auch „Wortgeschichten“ behandelt; das Wort „revolutio“ meinte ursprünglich das Wegwälzen eines Steines und wurde in der Neuzeit zum Umstürzen einer Regierung. Interessanterweise kommt dem Buchtitel „de revolutionibus orbium coelestium“ eine Doppeldeutigkeit zu; die Drehungen der Planeten führten zu einem „revolutionären“ Paradigmenwechsel, der kopernikanischen Wende. Gerade moderner Lateinunterricht soll die Texte nicht nur als leere Sprachhülsen betrachten, sondern sie durch die Einbeziehung der Realien zu Leben erwecken, was das Projekt in eindrucksvoller Weise verwirklicht.
Eine grundlegende Kompetenz des Geschichtsunterrichts aller Jahrgangsstufen ist die – jeweils altersangemessene - Entwicklung quellenkritischen Analysevermögens. Im Umgang mit Texten des Kopernikus, aber auch mit der Beschäftigung mit der kritischen Rezeption vom 16. bis ins 21. Jahrhundert wenden die Schüler und Schülerinnen ihre im Geschichtsunterricht erworbenen Kompetenzen zur Quellenkritik an und üben und vertiefen Fähigkeiten, die sie – wenn auch auf andere Inhalte angewandt - in der 10. Jahrgangsstufe benötigen.
Ein konkretes Beispiel dazu ist in Anhang Q ausgeführt.
Schüler wiederholen und vertiefen durch die Beschäftigung mit der Diskussion um das geozentrische Weltbild nicht nur Grundwissen der 7. Jahrgangsstufe, sie setzen sich auch aktiv mit dem Emanzipationsprozess des europäischen Menschen von nichtwissenschaftlichen Vorstellungsweisen seit der Renaissance auseinander, was auch zum erweiterten Verständnis von Humanismus und Aufklärung und ihrem Menschenbild beiträgt, das die Basis der heutigen – und in der 10. Jahrgangsstufe im Lehrplan zentralen - Idee des Naturrechts und der Menschenrechte bildet.
7.
Konkrete Zusammenarbeit mit Ihrer Kollegin / Ihrem Kollegen
Treffend fasst diesen Punkt das von Ihnen formulierte Merkmal zusammen:
„Innovativer Unterricht bewirkt neue Ideen und Synergieeffekte durch die Arbeit in Lehrerteams.“
Gemeinsam lässt sich ein Großprojekt wie dieses viel kreativer planen: Verschiedene Akteure bringen eine Vielzahl individueller Impulse ein, ihr Einfallsreichtum potenziert sich geradezu, sowohl bei der Ideenfindung im Vorfeld als auch bei fruchtbaren projektbegleitenden Besprechungen und der Feinausrichtung einiger Projektphasen.
Die Schülerbeobachtung aus verschiedeneren Blickwinkeln wird facettenreicher und abgerundeter, auch in Bezug auf das Sozialverhalten und daraus resultierende individualisiertere Reaktion, Interaktion und Unterstützung durch die Lehrkräfte.
Nicht zuletzt stärkt die gemeinsame, erfolgreiche Arbeit die kollegiale Freundschaft und die Freude am Beruf.
8.
Der Rat an Kollegen wird systematisiert bei mehreren Lehrerfortbildungen weitergegeben:
Schulen leihen sich die Wanderausstellung eine Woche lang aus, damit der Impuls zu Werkstattarbeit in der ganzen dortigen Schulgemeinschaft gesät wird. Im Rahmen dieser Woche führe ich an jeweils einem Tag eine regionale Lehrerfortbildung durch (Anhang M. Juli: Hersbruck, November: Eckental, Januar: Lauf ...). Hier nur drei Hinweise:
Erbrachter Zeitaufwand einerseits und erzielte Freude andererseits sprengen bei diesem Projekt auch für die Lehrkraft den gewohnten Rahmen: Ich arbeite in Teilzeit und habe geistig über drei Monate lang buchstäblich ununterbrochen in diesem Projekt gelebt. Vieles mag beim zweiten Mal erheblich leichter und ökonomischer gehen, aber nötig ist das eigene Feuer, um es bei den Schülern zu entfachen.
Wie so häufig hatten auch hier viele Schüler Schwierigkeiten, den Zeitplan im Hinblick auf den Ausstellungstermin zu erfüllen. Um so wichtiger war es, seine Einhaltung von Anfang an als eines der Bewertungskriterien zu definieren und ihn detailliert in jeder Stunde auf die Leinwand zu projizieren. Selbst so waren mehrere Extratermine in der letzten Woche nötig.
Sie als Projektleiter sollten schon vor Beginn des Projekts Fördermittel für den Materialbedarf einwerben, weil viele Sponsoren abgeschlossene Projekte nicht mehr bezuschussen wollen. Sonst bleibt für den Löwenanteil der Kosten nur der Förderverein der Schule.
9.
Einer der Gesamtgewinne ist die nachhaltige Imageverbesserung des Fachs Physik. Zum einen für Schüler, die Physik abwählen und für die dieses Projekt das letzte prägende Erlebnis des Schulfachs ist. Zum anderen für Schüler, die Feuer fangen und sich – gerade in der Zeit der Kurswahl für die Oberstufe - vertiefter zu diesem Fach hin orientieren. Dies lässt sich bereits am diesjährigen Wahlverhalten für die Oberstufenseminare an unserer Schule ablesen. Außerdem wurde neuerdings unsere jugend-forscht-Mannschaft durch eine Gruppe aus dieser Klasse verstärkt. Die Schüler haben dort ebenfalls ein Exponat gebaut und an ihm Untersuchungen durchgeführt, in diesem Fall zu einem sinnesphysiologischen Phänomen der menschlichen Temperaturwahrnehmung.
Die weiteren fachlichen und überfachlichen Gewinne sind bereits in Absatz 5 ausgeführt.
II: Zur Darstellung des Unterrichts
Einführung
Eine 10. Klasse führte, vorwiegend im Rahmen des regulären Physikunterrichts und begleitet durch mehrere andere Fächer, ein Projekt zur Astronomie durch: Schülergruppen bauten hands-on-Exponate für eine Wanderausstellung, die danach mehrmals öffentlich gezeigt wurde. Sie arbeiteten dabei verhältnismäßig selbstständig an der technischen Problemlösung und der handwerklichen Umsetzung ihrer naturwissenschaftlichen Fragestellung. Vor allem aber bauten die meisten auch in ihrer Freizeit mit außerordentlichem Engagement. Die 26 Schülerinnen und Schüler waren in insgesamt elf Teams eingeteilt, die astronomische Messgeräte, Demonstrationsobjekte, Modelle und dergleichen herstellten.
Fotos davon finden Sie im Anhang F und unter www.wanderausstellung.eu bzw. Anhang H, eine Liste der Exponate in Anhang X.
Das Ziel war, den Unterrichtsstoff durch eine Vielfalt von Methoden packend zu vermitteln bzw. selbst erarbeiten zu lassen, auch am Gymnasium handwerkliche Fähigkeiten zu üben und dabei den Schülerinnen und Schülern zu zeigen, dass Ingenieurs- und Entwicklungsarbeit im Team spannend, im positiven Sinne fordernd, sehr kreativ und befriedigend ist und dass sie zu einem Ergebnis führen kann, auf das sie stolz sein können.
a) Einordnung in den Lehrplan
Siehe Punkt 5 „Lehrplanbezug“ im Teil I und Anhang L.
b, c, d) Abfolge, Durchführung und Entwicklung des Unterrichts
21.9.2010
Die Schülerinnen und Schülern bekommen eine erste Vorstellung der Projektidee: In Kleingruppen werden wir den Stoff des Lehrplans erarbeiten und Exponate für eine Wanderausstellung zur Geschichte der Astronomie bauen. Wie bei einem Referat wird es nötig sein, vertieft in Büchern und im Internet zu recherchieren. Als erste theoretische Grundlage maile ich allen einen physikalisch-geschichtlichen Überblick (endgültige Version im Anhang G).
Einer der Schwerpunkte soll auf der handwerklichen Arbeit liegen, bei der ich sie zu verschiedenen Techniken und Fertigkeiten anleite.
Der Zeitaufwand und ihr Engagement werden erheblich über dem für normalen Unterricht liegen. Einen Nachmittag pro Woche werden wir gemeinsam in der Schulwerkstatt arbeiten (Donnerstag 9. Stunde mit „open end“. Die hier geleistete Arbeitszeit wird notiert und im Verlauf des Schuljahres mit Erlaubnis des Schulleiters abgefeiert). Fixes Datum zur Fertigstellung ist der Themenabend „Sternenstaub und Lichterglanz“ am 4.12.2010 in der Innenstadt von Ansbach (Anhang A).
Bis zur nächsten Stunde sollen sie für oder gegen das Projekt abstimmen.
Im begleitenden Unterricht werden in den folgenden Wochen – außerhalb des Projektzeitplans – historische Quellen bearbeitet, zugrundeliegende Zusammenhänge und geometrische Sachverhalte wie die rückläufige Planetenbewegung behandelt. Die genauen Termine sind nicht mehr dokumentiert.
28.9.2010
Einstimmige Entscheidung für das Projekt. Vorstellen des Zeitplans (Anhang Z).
In der kommenden Woche Ideensammlung für die Exponate, Einschätzung des Aufwands und der Schwierigkeiten (sukzessive verbesserte Übersicht im Anhang E); teamteaching.
Einteilung der Arbeitsgruppen und Verteilen der Themen für die zu erbauenden Exponate.
Bis zur nächsten Stunde baue ich ein Beispielexponat als Gestaltungs- und Textmuster.
Über die nächsten Wochen hinweg beobachten wir mehrmals mit dem Teleskop die Bewegung der Galileischen Monde am Nachthimmel, weil Jupiter zu dieser Zeit in Opposition zur Sonne steht.
7.10.2010
Die Schülerinnen und Schüler setzen sich intensiv mit ihrem Thema auseinander. Sie entwickeln erste Ideen für das Funktionsprinzip ihres Exponats und schätzen dessen Realisierbarkeit ab, indem sie Material-, Werkzeug- und Einkaufslisten zusammenstellen.
Bis zum nächsten Mal sollen sie sich in ihr Thema einarbeiten und Material besorgen, um einen Prototypen ihrer Funktionseinheit zu testen.
14.10.2010
Die Mehrheit ist noch mit den Vorarbeiten beschäftigt, so dass nur wenige die erwünschten Prototypen in Angriff nehmen. Dennoch nützen die meisten die Unterrichtszeit intensiv.
28.10.2010
Eine erschreckende Spreizung zwischen noch Suchenden, die eine engere Führung brauchen, und zielführend Arbeitenden, die im Zeitplan liegen, tritt zu Tage.
Die Schülerinnen und Schüler fertigen einen Zwischenbericht an (Anhang B), der einerseits eine Grundlage für die Leistungsbewertung ist, ihnen andererseits die Zeiteinteilung vor Augen führt.
Zunehmend werden Unterstützung und Ressourcen der Kunsterziehung in Anspruch genommen.
11.11.2010
Wie jede Stunde beginnt auch diese mit einer gemeinsamen Besprechung und einer Erinnerung an den unveränderten Zeitplan (Anhang Z). Die ersten Gruppen haben während der Ferien ihr Exponat fertiggestellt, die letzten nützen diese Unterrichtsstunde, um mit dem Bau zu beginnen.
Mit einigen Gruppen transportiere ich ihre Bauteile in ihren heimischen Werkraum.
Die bei einem Kunstschlosser beauftragten feinmechanischen Teile werden fertig.
Schülerinnen mailen mir erste Anleitungstexte zur Korrektur zu.
18.11.2010
Intensive Werkstattarbeit; die Schülerinnen und Schüler, die bereits fertig sind oder ihr Werkstück zu Hause bearbeiten, helfen anderen.
Zum Teil melden sich die Gruppen ab und teilen sich auf verschiedene Räume auf, etwa um konzentriert und ungestört Belichtungsversuche durchzuführen oder um Elektronik zu löten.
Nun beginnt auch bei den vorher weniger engagierten Schülern, die konzentrierte Arbeit einen wesentlichen Teil ihrer Freizeit einzunehmen. Einige besuche ich zur Betreuung und Problemlösung im heimischen Keller.
Im Verlauf der Woche werden die meisten Texte in die endgültige Fassung gebracht.
ab 25.11.2010
Viele Gruppen sind mit ihren Exponaten fertig und führen arbeitsteilige Verrichtungen für die ganze Klasse durch wie Texte ausdrucken, schneiden und laminieren.
Andere arbeiten noch mehrmals pro Woche in der Schulwerkstatt zum Fehler beheben, Streichen, Schleifen, Trocknen lassen und Texte aufkleben.
2.12.2010
Gemeinsames Verladen der Exponate. Die letzte Gruppe klebt noch ihre Texte auf die Stellwand.
4.12. bis 20.12.2010
Die Präsentation der Wanderausstellung „Astronomie beGreifen“ in der Gewerbebank Ansbach (Anhang A) wird ein großer Erfolg.
17.1. bis 21.1.2011
Die Präsentation der Wanderausstellung am Christoph-Jacob-Treu-Gymnasium in Lauf einschließlich Auf- und Abbau (Anhang K) ist unser Heimspiel: Die Schüler erklären erst ihrer eigenen Klasse und später den Parallelklassen jeweils ihr Exponat und bringen den Mitschülern die dahinterstehenden physikalischen und geschichtlichen Zusammenhänge in der Art eines Experimentalreferats bei.
Viele sind bereit, am Öffentlichkeitsabend das Publikum durch ihre Ausstellung zu führen.
e) Lernzielkontrollen
Siehe auch Punkt 4 „Leistungsmessung“ im Teil I und Anhang N, „mündliche Noten“.
In der Physik-Schulaufgabe mussten Aussagen zu astronomischen Sachverhalten richtig ergänzt und historisch sinnvoll eingeordnet werden:
1. Schulaufgabe aus der Physik 1.2.2011 Klasse 10g Name: . . .
1. Ordne die Namen der Forscher richtig zu und ergänze!
Zu Variablen muss ihr Name angegeben werden. ···
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2a) ...
f) Kritische Analyse
Die Evaluation des Projekts durch detaillierte Fragebögen wird am Ende des laufenden Schuljahres durchgeführt und ist zur Zeit noch nicht verfügbar.
Die Auswertung dieses Projekts wird systematisiert bei mehreren Lehrerfortbildungen weitergegeben (siehe dazu auch Teil I, 9. „Rat“).
„Wenn der Allmächtige mich gefragt hätte, bevor er sich auf die Schöpfung einließ –
ich hätte ihm zu etwas Einfacherem geraten!“
Alfons X. von Kastilien über die Epizyklenbahnen im Weltsystem von Ptolemäus
[1] Hean-Pol Martin (2002): Lernen durch Lehren (LdL). Die Schulleitung – Zeitschrift für pädagogische Führung und Fortbildung in Bayern. 29(4), S. 3-9.